Hausarbeit, Facharbeit, Doktorarbeit...
das sind alles Bezeichnungen für Schriften, die kein Mensch gerne
liest und noch viel wichtiger, kein Mensch gerne schreibt. Man
verfasst diese nämlich nach dem sogenannten wissenschaftlichen
Standard. Das heißt erstmal, dass man die Seite so beschneidet, das
man kaum drei Worte in eine Zeile kriegt. Das sieht unheimlich schick
aus und dient sowohl der Faulheit des Verfassenden, da dieser dann
nicht mehr allzu viel schreiben muss, als auch der des Lesers, der
folgerichtig auch weniger lesen muss. Dann nimmt man noch einen 1,5
zeiligen Zeilenabstand und violá. Aus vorher acht knüppelharten
Seiten Fließtext werden jetzt vielleicht noch tatsächliche 5 1/2.
In dieser formalen Hinsicht sind Texte nach wissenschaftlichen
Standard also eigentlich ganz cool.
Darf ich vorstellen?
Der Teufel höchstpersönlich:
Wikipedia
Das Problem liegt an dem Inhalt.
Themenfindung in einem Kurs von dem man
keine Ahnung hat, ist das erste Abenteuer. Hat man einigermaßen die
Fragestellung formuliert, merkt man, das man gar nicht weiß, wie man
der Sache auf den Grund gehen soll. Und aus einer eigentlich
spannenden, aber noch nicht beantworteten Frage, wird irgendeine, die
schon 1000 Menschen zuvor gefragt und beantwortet haben, DENN man
braucht ja auch eine gescheite Lektüreliste. Mein liebster Freund
Wikipedia wird als absolutes No Go verteufelt und leider verbannt.
Man braucht so richtig dicke Schinken, die mega kompliziert klingen,
am besten auf Englisch, mit mindestens 50.000 Seiten
stinklangweiliger Materie.
Komm mit mir in die Lernfantasie,
der Eintritt kostet Konzentration!
Dass man das Buch hat, reicht natürlich
nicht. Man muss es sogar lesen. Nicht ganz. Aber schon eine Seite hat
einen unglaublichen Knock-Out-Charakter. Nach spätestens zwei Seiten
schweifen die Gedanken ab, in die bunteste Fantasie, die der Mensch
kreieren kann, die Lernfantasie. Die kommt immer dann, wenn man sie
gar nicht gebraucht und sie malt die schönsten Geschichten. In
unkreativen Phasen kommt die Ablenkung auch in Facebook-Form vorbei.
Kann man sich einigermaßen konzentrieren, stellt man schnell fest,
dass die Fragestellung doch nicht soooooo gut zu dem Buch passt.
Frage oder Buch ändern? Noch mal in die Bibliothek fahren? Nö. Also
Frage ändern. Schon wieder. Gut, dass wir nicht mehr handschriftlich
arbeiten.
Hat man so einigermaßen das Thema auf
der Kette, muss man es jetzt noch ausformulieren. Und zwar irgendwie
hochgestochen und total professionell. Hier sei mal angemerkt, dass
ich meine Hausarbeit in der Übung "Computerspiele"
schreiben muss. Sich bei so etwas trivialem vernünftig und gewichtig
auszudrücken, fällt mir wahrhaftig schwer. Es kommt mir einfach
aufgesetzt und falsch vor. Auch wenn ich an meinen Professor denke,
passt dieser gehobene Stil irgendwie nicht. Aber er hätte das
natürlich trotzdem gern so.
Lecker Inhaltsverzeichnis
mit Fußnotensauce
Dass der ganze Quatsch gar nicht in
meinem Köpfchen zustande gekommen ist, muss ich dann noch durch die
süßen, kleinen Fußnoten anmerken. Mit Autor, Vor – und Nachname,
Texttitel, Buchtitel, Verlag, Herausgeber, Ort, Zeit,
Lieblingsgericht des Autors, von deiner Mama und der Name deines
ersten Haustieres. Da staunt man, was so alles in eine Fußnote
gehört. Als ob der Professor bei circa 60 Hausarbeiten, die er nur
in einem Kurs bearbeiten muss, jede Quelle kontrolliert. Und als ob
ich auch nur einen einzigen Gedanken in dieser Schrift selbst gefasst
hätte. Die eidesstaatliche Erklärung am Ende sollte einfach
besagen, dass meine Leistung darin besteht, das Wissen anderer
Menschen zusammenzutragen und umzuformulieren. Ich habe nichts
geleistet und bitte, stellt mir bloß keine Fragen. Das schwöre ich
vor Gott, der Welt, Deutschland und meinem werten Professor. Zack,
Unterschrift drunter und weg mit den Fußnoten. Das wäre schön.
Aber schön ist heute aus. Heut gibts Lecker Inhaltsverzeichnis mit
Fußnotensauce und Zitationsshake. Yeah!
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